Gewaltprävention Jugendamt Nürnberg

Das Thema Gewaltprävention tangiert verschiedene Arbeits- und Handlungsfelder der örtlichen Jugendhilfe:
Kindertageseinrichtungen, Einrichtungen und Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (Kinder- und Jugendhäuser, Jugendtreffs, Streetwork, Mobile Jugendarbeit, Aktivspielplätze), Jugendsozialarbeit an Schulen, Kernangebote der Präventiven Kinder- und Jugendhilfe wie z. B. Kinder- und Jugendschutz, Jugendmedienschutz und Alkoholprävention, Erziehungsberatung, Bezirkssozialarbeit des Allgemeinen Sozialdienstes, Erzieherische Hilfen sowie den Kinder- und Jugendnotdienst.
Die Aufgabe Gewaltprävention wurde 2010 fachlich und organisatorisch im Bereich B2 Präventive Kinder- und Jugendhilfe verortet. Personell Ressourcen stehen jedoch nicht zur Verfügung, so dass diese Aufgabe zusätzlich zu den bisherigen Arbeitsschwerpunkten aus dem derzeitigen Personalbestand abgedeckt werden muss.


Für Sachmittel steht ein jährlicher Etat von 40.000 € zur Verfügung.
Diese Mittel werden verwendet für gewaltpräventive Angebote der örtlichen Jugendhilfe, d.h. für das Jugendamt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe und für freie Träger, die im Bereich Jugendhilfe tätig sind. Kooperationsprojekte mit Partnern außerhalb des Jugendhilfesektors können gefördert werden.
Die Präventive Kinder- und Jugendhilfe unterstützt auf der Ebene der fachlichen Beratung und durch Bezuschussung von Projekten der Gewaltprävention mit Kindern, Jugendlichen und Eltern/Familien. Diese Projekte sollten in das Regelangebot der Jugendhilfe eingebunden sein, um Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Jährlich werden circa 20 Projekte gefördert.
Die Präventive Kinder- und Jugendhilfe kooperiert bei den oben dargestellten Angebotsformen u.a. mit:

• Kindertageseinrichtungen (Jugendamt und Freie Träger)
• der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
• Jugendsozialarbeit an Schulen
• Bereich Schule (Grund-, Haupt- und Berufsschulen)
• Elternbeiräten
• Kreisjugendring Nürnberg-Stadt
• Stadtteilarbeitskreisen
• Anbieter sind u. a.:
• Kinderschutzbund Nürnberg
• Kinderschutzbund Erlangen
• Pro Prävention e.V. Fürth
• Aura
• KIDO (Selbstsicherheits-, Selbstverteidigungstraining und Soziale Trainingskurse)
• Fränkisches Bildungswerk für Friedensarbeit
• Temperament-event (Agentur für erlebnisorientiertes Lernen)
• EPI e. V.


Begriffe Gewalt und Gewaltprävention
Gewaltprävention braucht einen ausdifferenzierten Gewaltbegriff. In der öffentlichen Diskussion wird Gewalt häufig reduziert auf den Aspekt physische Gewalt, insbesondere körperliche Gewalt von und unter Jugendlichen. Eine weitergehende Differenzierung nach Erscheinungsformen, Arten und Orten von Gewalt ist notwendig. Gewaltprävention muss sich neben dem oben benannten Thema auch mit psychischer Gewalt wie z.B. Mobbing und Cybermobbing, familiärer und häuslicher Gewalt, sexueller und sexualisierter Gewalt, (Kinder) Pornografie und Pädokriminalität, extremistischer Gewalt und Gewalt in und durch Medien beschäftigen. Die rasante Weiterentwicklung der Kommunikationsmedien hat starken Einfluss auf Erscheinungsformen und Ausprägungen von Gewalt.
Eine sorgfältige regionale bzw. lokale Problemanalyse müsste zusätzlich Faktoren wie Gender, Sozial- und Lebensraum, Kultur und Ethnie, Integration und Segregation sowie insbesondere in der Altersgruppe der Jugendlichen jugendkulturelle und Peer-Einflüsse berücksichtigen.
Eine Differenzierung nach Orten und Räumen von Gewalt wie z.B. Familie bzw. sozialer Nahraum und öffentlicher Raum könnte Relationen geraderücken und Diskussionen versachlichen. Eine entsprechende Analyse der Ausgangssituation wie z.B. für das Arbeitsfeld Alkoholprävention ist für den Bereich Gewalt noch nicht erfolgt, wäre jedoch für die Steuerung und die zielgerichtete Planung von Angeboten und Maßnahmen notwendig.


Auf der Grundlage einer derartigen Analyse und nach der Klärung des Grundverständnisses von Gewaltprävention wären Bewertungs- und Qualitätskriterien für die entsprechenden Angebote ableitbar.
Kritisch muss angemerkt werde, dass Gewaltprävention nur dann effektiv sein kann, wenn auf gesicherte Erkenntnisse über Wirkungen und Wirkfaktoren, die Gewalt verhindern, zurückgegriffen werden kann. Ein entsprechendes Wissen auf der Basis von Evaluierungen ist nur ansatzweise vorhanden. Es kann allerdings von fachlich fundierten und begründeten Annahmen aus Forschung und Jugendhilfepraxis ausgegangen werden, was Motive, Ursachen und Zusammenhänge von Gewalt betrifft.
Ziel von Gewaltprävention ist auf einer allgemeinen Ebene die Verhinderung oder Minderung aggressiven und gewalttätigen Verhaltens. Bausteine dafür sind u.a. die Stärkung sozialer Kompetenzen, die Förderung von Selbstverantwortung, die Entwicklung personaler Identität und eines positiven Selbstwertgefühls, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit inklusive der Fähigkeit zur konstruktiven Konfliktbearbeitung und die Gestaltung positiver Interaktionsbeziehungen.
Gewaltprävention hat es nicht nur mit individuellen Verhaltensausprägungen zu tun, sondern auch mit strukturellen Bedingungen der Entstehung von Konflikten und Gewalt. Aus diesem Grund ist wie in allen anderen Arbeitsfeldern der Präventiven Kinder- und Jugendhilfe (Erzieherischer Jugendschutz, Jugendmedienschutz, Sucht- und Alkoholprävention) eine Kombination aus Verhaltens- und Verhältnisprävention erforderlich. Verhaltensprävention hat die Beeinflussung des Verhaltens von Individuen und Gruppen im Blick. Dies
bezieht sich auf personale (Persönlichkeitsentwicklung), kommunikative und interaktive Aspekte.
Verhältnisprävention bezieht sich auf Lebenswelten der Adressaten, soziale und kulturelle Kontexte und damit auch auf die Gestaltung gesellschaftlicher Strukturen sowie in lokalen Bezügen auf Infrastrukturgestaltung und Stadt(entwicklungs)planung.
Zu klären ist das Verhältnis von Gewalt- und Kriminalprävention. In den vergangenen 15 Jahren war ein Trend erkennbar, Gewaltprävention unter Kriminalprävention zu subsumieren oder die beiden Begriffe synonym zu verwenden, ohne ihre spezifische Bedeutung, ihre unterschiedlichen Voraussetzungen und Ziele zu berücksichtigen. Kriminalprävention zielt auf die Verhinderung oder Minderung von Kriminalität oder positiv ausgedrückt, die Etablierung gesetzeskonformen Verhaltens.
Wichtigster Orientierungspunkt ist die Übertretung von (gesetzlichen) Normen und die damit verbundene Sanktionierung. Auftrag, Anspruch und Zielsetzung der Jugendhilfe sind umfassender: Die Förderung der individuellen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, deren Kritik- und Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie auf der Ebene Sozialverhalten der Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen. Jugendhilfe geht es neben der Minimierung von Risikofaktoren immer auch um den Aufbau von Schutzfaktoren.


Im Gutachten zum Deutschen Präventionstag 2009 wird von der Kriminologin Dr. Steffen (Bayerisches Landeskriminalamt) zum Verhältnis universelle Prävention bzw. Gewaltprävention und Kriminalprävention angemerkt: „Zweifellos können solche Programme auch kriminalpräventive Wirkungen entfalten. Es würde ihrem Anspruch und ihrer Bedeutung jedoch nicht gerecht, würde man sie vorrangig auf diesem kriminalpräventiven Aspekt reduzieren, sie sozusagen für die Zwecke der Kriminalprävention instrumentalisieren. Auch um dem Risiko einer Entgrenzung der Kriminalitäts- und Präventionsbegriffe entgegen zu wirken, ist Kriminalität nicht der geeignete Bezugsrahmen für Programme und Maßnahmen der universellen (sozialen) Prävention.“
Aktuelles:

Jugendhilfeausschuss-Vorlage K.o.-Tropfen: Aufklärung und Prävention
Die JHA-Vorlage (06.06.2013) wurde im Rahmen der Gewaltprävention erstellt, da bei der Problematik K.o.-Tropfen weniger gesundheitliche Risiken und ein mögliches Suchtpotential bei regelmäßigem Eigenkonsum im Mittelpunkt stehen, sondern mögliche Anschluss- und Folgedelikte (sexualisierte und sexuelle Gewalt) an Personen, denen diese Substanz ohne deren Wissen verabreicht wurde.Jugendamt Nürnberg

Die gesamte Vorlage finden Sie hier: Jugendhilfeausschuss-Vorlage K.o.-Tropfen 06.06.2013

Weiter Informationen:
www.jugendamt.nuernberg.de
www.jugendschutz.nuernberg.de
www.alkoholpraevention.nuernberg.de

 

<